Medizin - von der Schamanenpflanze zum modernen Heilkraut

Cannabis macht "den Körper leicht", so heißt es im ältesten erhaltenen Arzneibuch der Menschheit, dem chinesischen "Pen Tsao", das  im Jahr 2737 v.Chr. von dem mythischen Kaiser Shen-Nung zusammengestellt worden sein soll und Cannabis gegen verschiedene Leiden empfiehlt - von Gicht und Rheumatismus über Malaria und Verstopfung bis zur "geistigen Abwesenheit".

Als im 16. Jahrhundert die bis heute als Grundlagenwerk der chinesischen Kräutermedizin geltende Fassung des "Pen Tsao" von Li Shizhen erscheint, ist die Liste der Indikationen noch deutlich länger geworden: bei nervöser  Verstimmung, Senilität, Komplikationen bei der Geburt, Menstruationsbeschwerden, Krämpfen, Hautausschlägen Geschwüren und Wunden empfehlen die chinesischen Ärzte Cannabis in den verschiedensten Zubereitungen.

 

In der Handschrift 'Medicina Antiqua' aus dem 9. Jahrhundert wird die Hanfpflanze canape genannt und unter anderem als Heilmittel bei Brustwarzenschmerzen und Erfrierungen beschrieben.Auch die mittelalterliche Heilerin Hildegard von Bingen (1098- 1179) züchtete in ihrem Kräutergarten den "Cannabus" und empfahl ihn zum Beispiel bei Übelkeit und Magenschmerzen. Ob in Indien oder Tibet, in Afrika oder Arabien, ob im antiken Rom oder in Russland - wo immer man alte und älteste medizinische Aufzeichnungen stößt, wird dem Heilmittel Hanf eine besondere Stellung eingeräumt. Christian Rätsch vergleicht in seiner ethnomedizinischen Untersuchung "Hanf als Heilmittel"  (AT-Verlag, 1998) die kulturelle Rolle der Pflanze mit der des Büffels, auf dessen Nutzung die gesamte indianische Kultur aufbaut. Auch Hanf hatte solche kulturspendenden Funktionen und von Anbeginn an stets eine unverzichtbare Rolle als Heilmittel, als rituelle Pflanze und als Aphrodisiakum. Lange vor der explizit medizinischen Nutzung wurde die Cannabispflanze von den Schamanen entdeckt, die in der Frühzeit der Zivilisation die Rolle von Ärzten, Priestern, Psychiatern, Naturwissenschaftlern, Wahrsagern, Zauberern und Hebammen in sich vereinigten.

 

Die antibakterielle Wirkung des Cannabisharzes machten sich die Haschisch-Salben gegen Hühneraugen zunutze.

Pharmakologisch betrachtet ist das Hanfkraut ein merkwürdiger Zwitter: es hat sedative und stimulierende Wirkung. Deshalb wurde es sowohl als krampflösendes Husten- und Beruhigungsmittel wie auch als anregende und schmerzstillende "Kopfwehtablette" verwendet. Bis  Ende des 19. Jahrhunderts war aus Cannabisblüten hergestellte Hanf-Tinktur in den Apotheken Europas und der USA eines der am häufigsten verkauften Arzneimittel - und nicht nur Queen Victoria ging ohne ihre Cannabis-Medizin nicht aus dem Haus. Ihr Leibarzt John Russel Reynold verordnete Hanftinktur unter anderem gegen Husten, asthmatische Zustände, Migräne, Neuralgie, Krämpfe aller Art und Schlafstörungen bei älteren Menschen. Verdrängt als entspannende Universalmedizin wurde Hanf erst mit dem Siegeszug der pharmazeutischen Industrie - namentlich von jenem Stoff, den die Firma Bayer ab 1900 als "vorzügl. Beruhigungsmittel mit spezifisch hustenstillender Wirkung" international vermarktete: Heroin. Zu seinem heroischen Markennamen war das patentierte Opiat gekommen, weil die Bayer-Werke behaupteten, es könne den Morphinismus kurieren und die aus den Lazaretten als Junkies heimgekehrten Militärs wieder zu Helden machen. Bis man zugab, hier den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, war "Indisch-Hanf-Tinktur" aus dem deutschen Arzneibuch verschwunden (1941) - und in den prohibitionswütigen USA beeideten Mediziner, dass Cannabis "keinerlei therapeutischen Wert habe".  So grotesk diese Aussage angesichts der langen Medizingeschichte des Hanfs scheint - sie galt fast ein halbes Jahrhundert lang als offizielle Lehrmeinung und verhindert  heute die Rückkehr des Hanfkrauts in die Apotheken. Die einzigartigen Wirkungen von Cannabis gerade bei Schwerstkranken - als Appetitanreger bei AIDS, gegen Übelkeit bei Krebs-Chemotherapie, als Krampflöser bei MS-Patienten - steht zwar wissenschaftlich völlig außer Frage, dennoch verhindert der Drogenkrieg in den meisten Ländern den uneingeschränkten Zugang selbst für Patienten. Zwar ist seit einigen Jahren ein synthetisch hergestellter Hanfwirkstoff auf dem Markt ("Marinol", Dronabinol"), doch ist dieser nicht nur sündhaft teuer, sondern zeigt bei vielen Kranken auch eine weniger gute Heilwirkung als das natürliche Kraut. In Kalifornien und anderen US-Bundesstaaten, die sich per Volksabstimmung seit 1996 das Recht auf "Medical Marihuana" (und entsprechende Abgabestellen) erstritten haben, tobt seitdem ein erbitterter Justizkrieg mit der Bundesregierung. Wie die Päpste im Mittelalter sich weigerten, durch Galileis Fernrohr zu schauen, um ihr Weltbild nicht zu gefährden, weigern sich die meisten Politiker nach wie vor, die Ergebnisse der medizinischen Cannabisforschung zur Kenntnis zu nehmen. So sind bis heute viele Patienten gezwungen, sich ihre Medizin - eines der ältesten und ungefährlichsten Heilkräuter überhaupt - illegal anzubauen oder zu beschaffen. Insofern ist die Inquisition des Mittelalters noch nicht zu Ende.

 

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